Journal

Bilder sagen mehr als tausend Worte. Als Fotograf stimme ich dem natürlich zu. Trotzdem helfen ein paar Sätze manchmal, mehr über die Hintergründe von Bilder und deren Autoren zu erfahren. In der Rubrik «Journal» können Sie nachlesen, wie Aufnahmen entstanden sind oder welche Hintergründe massgebend waren. Auch zeige ich hier Artikel, die von mir oder über mich geschrieben wurden.

 

Auf Zwinglis Spuren :

Aussichtsplattform im Karlsturm des Grossmünsters in Zürich

Dezember 2020

Zum Ende des Jahres wurde mir noch ein Projekt besonderer Gattung angetragen: Die Aussichtsplattform im Grossmünster, auf der wohl schon die meisten den Ausblick über Zürich genossen haben, wurde mit neuen Sicherheitsmassnahmen versehen. Im wohl bekanntesten Gebäude der Stadt ist dies für Planer und Handwerker keine einfaches unterfangen. Nicht nur wegen des tiefgreifenden Denkmalschutzes, sondern auch wegen der schieren Höhe der Baustelle - ohne Lift, nur über eine enge - sehr enge Treppe erreichbar.

Ich durfte den Zustand vor den Arbeiten, während dessen und danach dokumentieren. Dass ich mit einem Generalschlüssel ausgestattet so prinzipiell zu jeder Zeit Zugang zum Grossmünster hatte, hätte ich mir auch nie träumen lassen. So konnte ich einige Stunden über den Dächern von Zürich geniessen, ohne dass mich jemand dabei abgelenkt hätte.

In der Galerie sind einige Bilder im Vorher/Nachher-Vergleich sichtbar. Auch die herausfordernden Anlieferungen habe ich fotografieren können.


Ausstellung zur Villa von Enver Hoxha in Tirana

12. Februar 2020

In der Gallerie Stephan Witschi in Zürich konnte ich erstmals mein bislang umfangreichstes freies Projekt präsentieren: die Räume der Villa der Familie Hoxha in Tirana, Albanien:

Das stalinistische Regime Albaniens wurde bereits 1991 von einer demokratischen Regierung abgelöst. Der Umgang mit architektonischen Zeitzeugen der Diktatur ist trotzdem noch kein Hauptthema im politischen Diskurs. Zu den Gebäuden dieser Epoche zählt auch der ehemalige Wohnsitz der Familie Enver Hoxhas. Um die Villa des Diktators nicht zum Wallfahrtsort werden zu lassen, ist sie für die Öffentlichkeit unzugänglich. Im Inneren ist seit den Auszug der Familie wenig geändert wurden und die Räume lassen heute noch die Präsenz der Hoxhas spüren.

Erstmalig wurde es nun einem Fotografen gestattet, sich mit den Räumen der Villa auseinanderzusetzen.


Buchpublikation: Unité d’habitation «Typ Berlin

6. Dezember 2019

Es war ein grosser Glücksfall, dass Bärbel Högner meinen Artikel für Les Couleurs Suisse las und sich für meine Bilder der Unité in Berlin begeistern konnte. Sie Integrierte meinen speziell für ihr Buch erstellten Fotoessay und nutzte Fotografien der Innentüren und Strassen zur Illustration eines Artikels von Arthur Rüegg über die Corbusier-Farben.

Seit Dezember 2020 ist es nun überall erhältlich.

Le Corbusier: Unité d’habitation „Typ Berlin“

Konstruktion und Kontext

Bärbel Högner (Hg.)

Jovis-Verlag
ca. 256 Seiten, ca. 180 farb. Abb.
Deutsch/Englisch
ISBN 978-3-86859-563-5


Unité Berlin: Sozialwohnungen im demographischen Wandel und die Akzeptanz moderner Architekturikonen

27. März 2019

Unter Architekten stellt die Unité d’Habitation einen Meilenstein des architektonischen Denkens dar. Für viele ist der Grund dafür jedoch nicht ersichtlich. Ihnen gefällt der graue Beton nicht, die Größe des Gebäudes, die Tatsache, dass 530 Wohnungen in einem einzigen Quader untergebracht wurden. Für ein besseres Verständnis ist eine Auseinandersetzung mit der ursprünglichen Funktion im zeitlichen Kontext der Entstehung wichtig. Warum gilt das Gebäude heute noch als herausragendes Beispiel für sozialen Wohnungsbau? Wie hat sich der Bau in den letzten 60 Jahren entwickelt, warum ist seine Nutzung heutzutage fern vom Ursprungszweck und warum ist das – zumindest aus architektonischer Sicht – nicht nur schlecht?


Unvorhergesehenes im TEC21 48/2018

13. November 2018

Mit einer Publikation habe ich ja fast gar nicht mehr gerechnet. Vor einigen Monaten hatte ich einen kleinen, amüsanten Text verfasst, der mir bei einem Spaziergang durch Buenos Aires in den Sinn kam. Jetzt freut es mich, dass er doch bei einigen für Heiterkeit sorgt:

«Kennen Sie eigentlich Cala­trava? Klar. Sieht man ja auch überall. In Lateinamerika gibt es aber nur einen. Also ein Bauwerk. Von Cala­trava. In Buenos Aires. Ein Ein­wanderer. Mein Taxifahrer hierher war auch ein Einwanderer. Aus Kuba. Wie fast alle hier. Also Einwanderer. Die kommen von überall her. Nicht alle aus Kuba. Viele auch aus Europa.
Aber wir sind ja bei architektonischen Einwanderern. Kennen Sie eigentlich den Olivetti-­Turm von Eiermann? Klar. Gehört ja zur Grundbildung. Der ist auch ausgewandert. Hier heisst er jetzt Torre IBM. Direkt neben Calatrava steht noch so ein Einwanderer. Ein Ha­fenkran aus Eberswalde. Einen Zweck hat er nicht. Sieht aber gut aus. Dabei ist Deutschland ja nicht gerade bekannt für seine gut ausse­henden Auswanderer. Von Heidi Klum vielleicht mal ab­gesehen.
Aber da sind wir wieder bei Menschen. Dabei soll es hier doch um Architektur gehen. Oder um Einwanderer. Der Hafenkran aus Brandenburg ist ja auch so einer. Und er ist nicht allein. Die Prome­nade des Puerto Nuevo ist voll davon. Aber foto­grafiert wird nur der Cala­trava. Also die Brücke, nicht der Architekt. Der spricht ja wenigstens spanisch. Also der Architekt, nicht die Brücke.»


Ausstellung: Natur der Geometrie / Geometrie der Natur

1. November 2018

In der Photobastei werden zwei Bilder von mir gezeigt, die nur im weiteren Sinne mit Architektur zu tun haben. Es geht vielmehr um Geometrien, die durch menschliche Eingriffe in die Natur entstanden sind:

«Im Genre der Landschaftsfotografie ist die Verortung oft ein wichtiges Merkmal. Der Betrachter konzentriert sich auf die Identifizierung des Standortes. Die Auseinandersetzung mit formalen As- pekten des Bildes steht in diesem Moment hinten an. In den hier gezeigten Werken wird dieser Faktor ausgeklammert. Inspiration sind die Analysen von Geometrien, wie sie beispielsweise in der konkreten Kunst stattfinden. Im Vordergrund steht so die Auseinandersetzung mit den forma- len Aspekten des Sujets. Der Fotograf geht sogar soweit, die Auffindbarkeit des Ortes durch gezielte Manipulation und Ausschnittswahl zu verhindern und den Betrachter so zu einem Spiel mit Naturgeometrien und menschlich geschaffenen Formen einzuladen.»


Vortrag an der ETH Zürich

13. September 2018

Anette Spiro hatte ihr Semester begonnen, indem sie ihre Studenten mit einer Polaroid-Kamera in das in den kommenden Monaten zu beplanende Gebiet schickte, um mit wenigen Aufnahmen die Umgebung zu erforschen. Um den Studenten etwas Inspiration und eine kleine Hilfe an die Hand zu geben, wurde ich eingeladen, in einer Vorlesung darzustellen, welche Herangehensweisen möglich sind und welche Ergebnisse diese erzeugen können.

Ich liebe solche Ausflüge in die akademische Welt. So fand ich mich hier auf einer Liste mit Rem Koolhaas, Peter Zumtor und vielen anderen wieder. - Welch eine Ehre.


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Architekturfotografie, ganz schön bunt

17. September 2018

Fast jeder Berner - und nicht nur die Fussballfans - kennen das Wankdorfsstadion. Selbst wenn man nichts mit YB am Hut hat, oder generell Fussballverächter ist, kommt man für die wöchentliche Vorratsaufstockung kaum am dem Stadion angegliederten Einkaufszentrum vorbei. Bisher war es eher eine praktische Entscheidung: gute Erreichbarkeit, Parkplätze nebenan und einer der grössten Supermärkte der Schweiz. Wenige wussten, dass das Obergeschoss noch die Möglichkeit für eine kulinarische Pause bot und die, die es wussten waren weniger interessiert.

Das hat sich nun geändert. Coop beauftragte Roland Schaad (objekt13) mit der Neugestaltung und Konzeptierung des Bereichs. Die Decke wurde zum Eyecatcher, der bereits aus dem Erdgeschoss die Leute anlockt. Kommt man dann nach oben, lädt eine heterogen gestaltete, gemütliche Atmosphäre zum Verweilen ein. Eine Lounge und ein Kinderspielplatz sind zudem noch zielgruppenorientierte Rückzugsgebiete. Im zweiten hat nun ein internationaler Fastfoodanbieter Einbauten vorgenommen. Der ursprünglich gestaltete Raum ist daher nur noch auf den Bildern zu sehen. Da zeigt sich mal wieder, welche Bedeutung die Architekturfotografie für die Vermittlung von gestalterischen Konzepten und Umsetzungen ist.

Das Bild von mir bei den Aufnehmen hat Roland Schaad gemacht, den ich auch noch im Rundloch in der Wand portraitieren durfte.


Fotospaziergang durch Brasilia

14. Juni 2018

Eine fast 60-jährige Stadt mit verblüffender Modernität

Als 1960 die von Oscar Niemayer geplante Stadt der Regierung übergeben wurde, waren rund 500 000 Bewohner vorgesehen. Fast 60 Jahre später ist die Einwohnerzahl auf mehr als das Sechsfache gestiegen. Trotzdem wirken die Strassen menschenleer. Bei einem Spaziergang entsteht daher ein Bild, das dem Eindruck vor 60 Jahren ähnelt. Fotogen setzt sich jeder Blickwinkel neu in Pose und bietet im Zusammenspiel der eleganten, gefällig inszenierten Gebäudeformen und -details attraktive Sujets für Bildkompositionen.

Es ist ein schönes Kompliment, wenn die Redakteure sich nicht entscheiden können, welche Bilder sie zeigen möchten. Beim TEC21 gab es daher eine rege Diskussion – weniger was zu zeigen sei, mehr darum welche Bilder ausgelassen werden. Aus ca. 150 Aufnahmen wählten die Redakteurin Hella Schindel und die Grafikchefin Anna Lena Walter nun rund drei Duzend für die Homepage und 4 für den Print ausgewählt. 

Geniessen Sie einen architekturfotografischen Spaziergang durch die Niemeyer Stadt.